450 Meter lang: Mindener Spedition Hölkemeier wagt mit Mega-Halle den Schritt zur Elektromobilität

Die riesige Lagerhalle in Päpinghausen ist kurz vor der Fertigstellung. Für die Spedition Hölkemeier geht es dabei nicht nur?um mehr Platz. Das Projekt ist auch ein Testballon auf dem Weg zur CO2-neutralen Logistik.

(c) Mindener Tageblatt
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Minden. Der ursprüngliche Zeitplan war dann doch etwas zu optimistisch. Jetzt soll die neue Lagerhalle der Spedition Hölkemeier im ersten Quartal 2025 in Betrieb gehen, ein Jahr später als Geschäftsführer Lars Hölkemeier bei der Vorstellung des Projektes noch enthusiastisch angekündigt hatte. „Mein Architekt hatte da schon etwas mit den Augen gerollt“, sagt er heute rückblickend und lacht. Denn die Begeisterung hat er sich trotz der Verzögerung nicht nehmen lassen – wohl auch, weil es nachvollziehbare Gründe gab, dass der äußerst ambitionierte Plan geändert werden musste. Etwa die lange Regenphase im vergangenen Winter, vor allem aber archäologische Bodenuntersuchungen, die allein schon ein halbes Jahr in Anspruch genommen hätten.

 

„Wir haben das Projekt nie infrage gestellt“, sagt er. Auch nicht mit Blick auf die gestiegenen Kosten. Statt ehemals 25 Millionen Euro werden es jetzt 30 bis 35 Millionen Euro. Wobei die Zahlen nicht direkt vergleichbar seien, sagt Hölkemeier. So werde die Halle anders als ursprünglich geplant temperiert, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Auch wird eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von 4,3 Megawatt installiert, dazu kommt eine Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw. Allein die Transformatoren kosten etwa 1,4 Millionen Euro. Sie sollen sicherstellen, dass die Lastwagen beim Laden das Netz nicht in die Knie zwingen.

 

Es ist vor allem die Elektromobilität, die das Bauprojekt zu etwas Besonderem macht, zu einem Testballon, wie Logistik mit Strom funktionieren kann. „Auch die Gesellschafter stehen voll dahinter“, sagt Hölkemeier. Seit Anfang 2019 gehört die Spedition zur Lit-Gruppe, Hölkemeier hatte sein Unternehmen 25 Jahre nach der Gründung verkauft. Er wollte einen starken Partner an der Seite haben und die Firma langfristig absichern, wie er damals sagte. Die wirtschaftliche Verantwortung trägt er als Geschäftsführer weiterhin.

  

Anders als Elektroautos stecken E-Lkw noch in den Kinderschuhen. Viele Spediteure haben Zweifel daran, dass das Prinzip im Fernverkehr funktionieren kann. Erst vor wenigen Tagen hatte der Bad Oeynhauser Unternehmer Horst Kottmeyer gesagt, dass sich die hohen Investitionen für seine Spedition nicht rechneten. Die kurze Befreiung von der Maut reiche nicht aus, um die Kosten auszugleichen. Immerhin kostet ein Elektrofahrzeug etwa das Zweieinhalbfache eines vergleichbaren Diesel-Lkws – von der bisher nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur entlang der Autobahnen ganz abgesehen. Dabei spricht Kottmeyer nicht allein in seinem Namen, er ist als Vorsitzender des Branchenverbandes VVWL bestens vernetzt und weiß um die Nöte seiner Kollegen.

 

Lars Hölkemeier kennt diese Rechnung – und er stimmt seinem Kollegen grundsätzlich zu. Dennoch ist er überzeugt, dass der Schritt in die Elektromobilität für sein Unternehmen richtig ist. Das Geschäftsmodell unterscheidet sich deutlich von dem einer typischen Fernverkehrsspedition, wie Kottmeyer sie in Bad Oeynhausen führt. „Wir haben hier den idealen Einsatzzweck und die ideale Halle“, sagt er. Der Neubau sei voll auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, die Temperatur kommt über Wärmepumpen, alle Flurförderfahrzeuge seien elektrisch und der Strom kommt vom Dach.

 

Drei Zugmaschinen für den Transport sind ebenfalls schon bestellt, darunter auch zwei moderne Mercedes 600 mit einer Reichweite von 420 Kilometern. Mercedes selbst wirbt sogar mit rund 500 Kilometern. Für den Einsatz bei der Spedition Hölkemeier reiche das völlig aus, sagt der Geschäftsführer. Im Regionalverkehr geht es um Strecken von etwa 350 Kilometer, sagt Lars Hölkemeier: „Dann können wir auch Container aus Bremen holen, wenn mal eine Schleuse ausfällt.“ Ein Fahrer habe den Lkw schon getestet – „und er war begeistert.“ Auch die Fahrzeuge sind noch einmal eine größere Investition. Der Listenpreis steht zwar noch nicht fest, wird aber von Experten auf etwa 250.000 Euro geschätzt. Den Verbrenner gibt es für rund 100.000 Euro.

 

Dazu kommt, dass die Spedition Hölkemeier auf das sogenannte Warehousing spezialisiert ist. Die Kunden sind in der Nähe, die Ware kommt in Containern mit dem Schiff oder der Bahn nach Minden, bevor sie von hier aus weiterverteilt wird. Im Moment kommen wöchentlich etwa 70 bis 80 große 40-Fuß-Container auf diesem Weg an. Das bedeutet auch, dass sie nicht mit dem Lkw im Fernverkehr über die Autobahn transportiert werden müssen. Die Umschlagzahlen ziehen langsam wieder an, wie schon Joachim Schmidt, der Geschäftsführer der Mindener Häfen, jüngst angedeutet hatte. Die Entwicklung sei spürbar, sagt auch Hölkemeier. Er sei überzeugt von Binnenschiff und Zug mit nachgelagertem Containertransport auf der Kurzstrecke.

 

Genau hier liegt die Chance, die der Uffelner ergreifen will. Die teureren Fahrzeuge lohnen sich dabei einerseits, weil die Strecken kurz genug sind, mit selbst produziertem Strom zu fahren, andererseits seien seine Kunden auch bereit, höhere Frachtraten zu zahlen. Die meisten seien im Endkundengeschäft tätig, eine CO2-neutrale Logistik ist da auch ein gutes Marketinginstrument.

  

Bis es soweit ist, werden aber noch einige Monate vergehen. In Teilen wird die Halle im ersten Quartal des kommenden Jahres in Betrieb genommen, im zweiten oder dritten Quartal soll sie dann komplett laufen. Bis dahin sollen auch die bestellten Elektro-Lkw geliefert sein. Zu den beiden Mercedes kommt noch ein kleineres Fahrzeug für die ganz kurzen Strecken. Lars Hölkemeier ist sich dabei durchaus bewusst, dass sein Projekt in der Branche beobachtet werden wird. Der Standort Minden könnte dann ein Vorreiter sein für die Logistik der Zukunft: „Wir müssen einfach weiterdenken.“ 

 

Lange Entwicklung bis zur Erschließung 

 

Die Spedition Hölkemeier baut nördlich des Regioports eine 40.000 Quadratmeter große und 450 Meter lange Logistikhalle und füllt allein das sogenannte hafenaffine Gewerbegebiet. Damit endet auch eine lange juristische Auseinandersetzung, die es im Vorfeld um das Areal gegeben hatte.

 

Der Bebauungsplan für den Regioport und das Gewerbegebiet war in mehreren Instanzen und schließlich höchstrichterlich für ungültig erklärt worden. Grund war ein Formfehler bei der Besetzung des zuständigen Planungsverbandes. Dort hatten auch die beiden Kreise Minden-Lübbecke und Schaumburg einen Sitz, die an der Aufstellung des Bebauungsplanes nicht hätten beteiligt werden dürfen.

 

Einen Baustopp am Regioport hatte es während der gerichtlichen Auseinandersetzung nicht gegeben. Für eine Erweiterung jedoch war ein Neustart des Bauleitverfahrens notwendig. Als der von der Stadt Minden aufgestellte Bebauungsplan öffentlich ausgelegt wurde, war die Spedition Hölkemeier bereits als Investor an Bord. Geschäftsführer Lars Hölkmeier hatte das Projekt vor eineinhalb Jahren bei einer Bürgerversammlung in Päpinghausen vorgestellt.

 

Weil das Gewerbegebiet mit nur einer Halle gefüllt wird und die Arbeitszeiten regulär auf 6 bis 22 Uhr beschränkt sein sollen, dürfte die Entwicklung vor allem für die Anlieger in Cammer positiv sein. Auch verläuft die An- und Abfahrt auf der der Ortschaft abgewandten Seite, die Halle dient also selbst als Lärmschutz.

 

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Kommentare


Andreas Kortum

'...die Ware kommt in Containern mit dem Schiff oder der Bahn.' Ja prima, die Bahnstrecke verläuft unmittelbar neben der Halle, aber da fehlt doch noch was, oder...!?

 


Rainer Melles

Das war auch mein erster Gedanke, das würde hervorragend zum Thema Nachhaltigkeit passen.
Eventuell (liegt ja direkt daneben), könnte man dann auch ENDLICH die Containerverladung Regioport an die "Natobahn" anschließen.