Das Projekt war durchaus umstritten. Bürgerinitiativen wehrten sich gegen das Vorhaben. Jetzt ist aber der nächste Schritt getan und „ein rund 14 Jahre währender und aufwendiger Planungsprozess“ geht weiter.
Minden. Bisher war der Hafen in Dankersen und Päpinghausen ohne gültigen Bebauungsplan. Dessen Betrieb lief jedoch schon seit 2019 - im sogenannten Außenbereich. Nicht alle waren glücklich mit dem neuen Hafen - die offizielle Eröffnung wurde von Anwohnerprotesten begleitet. Die Nachbarn machten sich unter anderem Sorgen wegen mehr Lärm und mehr Verkehr. In mehreren Verfahren wehrten sie sich mit auch mit der Bürgerinitiative „Bicon“ gegen das Vorhaben. Sie erreichten Verzögerungen, Schärfungen, Nachbesserungen.
Und so ist erst jetzt der nächste Schritt für den RegioPort mit Containerhafen und angeschlossenem, hafenaffinem Gewerbegebiet im Bereich zwischen der B 482 und der Bückeburger Aue getan. Unter dem Tagesordnungspunkt 7 - „Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 934 „RegioPort Weser“ - haben die Mindener Stadtverordneten Ende November im Rat ein - so die Stadtverwaltung - „richtungsweisendes, großes Paket“ beschlossen.
„Richtungsweisend“ - das bezieht sich nicht nur auf die 600 Seiten starke Sitzungsdrucksache mit Anlagen, sondern vor allem auf den Inhalt. Denn mit dieser Mehrheitsentscheidung – 41 Stadtverordnete stimmten dafür, zehn dagegen und drei enthielten sich – gehe nun „ein rund 14 Jahre währender und aufwändiger Planungsprozess“ weiter, so Stadt-Pressesprecherin Susann Lewerenz. Dieser hatte offiziell mit der Gründung des damaligen Planungsverbandes im Jahr 2009 begonnen.
Bebauungsplan musste neu aufgestellt werden
Das Projekt war durchaus umstritten. So musste unter anderem der vom Planungsverband aufgestellte Bebauungsplan nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig im Mai 2018 komplett neu aufgestellt werden. Geklagt hatte eine Frau aus Bückeburg mit Unterstützung der Bürgerinitiative Bicon. Im Zentrum dieser Normenkontrollklage stand seinerzeit die Frage, ob der Planungsverband – Mitglieder waren die Kreise Minden-Lübbecke und Schaumburg sowie die Städte Minden und Bückeburg - gesetzeskonform gegründet wurde und ob die beiden Kreise über die Planung hätten mitbeschließen dürfen.
Der Planungsverband hatte im August 2017 Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster eingereicht, welches den Bebauungs-Plan für unwirksam erklärt hatte. Das BVG entschied dann 2018, dass die beiden am Planungsverband beteiligten Kreise den Bebauungsplan nicht hätten mitaufstellen dürfen.
Verfahren ab September 2018 neu aufgerollt
So wurde das Verfahren im September 2018 mit einem Aufstellungsbeschluss neu aufgerollt. Ein Großteil der bereits erstellten Gutachten – unter anderem zu Lärmimmissionen, Lichtimmissionen, zum Artenschutz, zum Verkehr und zu Luftschadstoffen – musste ebenfalls neu beauftragt werden, wie der Beigeordnete für Städtebau und Feuerschutz, Lars Bursian, jetzt im Rat berichtete.
Insgesamt sind für die Neuaufstellung und in diesem Verfahren bislang Kosten für Planungen und Fachgutachten in Höhe von rund 170.000 Euro entstanden.
Die frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung lief von Anfang Oktober 2021 bis Anfang November 2021 und die öffentliche Auslegung und Behördenbeteiligung erfolgte vom 27. Februar bis 9. April 2023 sowie erneut vom 2. Oktober bis 6. November 2023. Es gab zahlreiche Anregungen und Stellungnahmen, die in einem folgenden Abwägungsprozess geprüft und bewertet wurden. Die Stellungnahmen seien im Planverfahren eingestellt und berücksichtigt worden, betont Bursian.
Das ist neu: Planungen beziehen sich nur auf Stadtgebiet Minden
Neu an diesem, nun beschlossenen B-Plan ist, dass sich die Planungen nur auf das Stadtgebiet von Minden beziehen. Im vorherigen Verfahren des Planungsverbandes war auch der Hafen Berenbusch auf Bückeburger Gebiet enthalten.
Neu ist auch, dass keine Straße mehr durch das hafenaffine Gewerbegebiet läuft. Es ist nun als eine durchgehende Fläche ausgewiesen, auf der eine rund 400 Meter lange Halle des Logistikunternehmens Hölkemeier entstehen soll. Diese Halle wird an der langen Seite in Richtung Bückeburg-Cammer komplett begrünt und soll eine leistungsstarke Photovoltaikanlage auf dem Dach erhalten.
Von dieser Halle würden künftig deutlich geringere Immissionen ausgehen, als von kleinteilig angeordneten Gewerbebetrieben, wie es die ursprüngliche Planung vorsah, so Bursian.
Sondergebiet für den Hafen
Mit der eigentlichen Satzung wurde vom Rat auch ein städtebaulicher Vertrag beschlossen. Die Fläche ist nun als Sondergebiet für den Hafen und als hafenaffines Sondergebiet für Gewerbe ausgewiesen. Die Hafenanlage am Mittellandkanal ist im ersten Bauabschnitt bereits seit Juli 2019 fertiggestellt und in Betrieb
Die bereits 2017 erteilte Baugenehmigung war durch das Gerichtsurteil und die damit verbundene Aufhebung des früheren B-Planes nicht berührt worden Auch die verkehrliche Erschließung des Gebietes ist bereits abgeschlossen. Als Ausgleichsmaßnahme wurde unter anderem die Bückeburger Aue umfangreich renaturiert, ergänzt Lewerenz.
Der RegioPort OWL in Minden-Päpinghausen – als Erweiterung des seit 2002 betriebenen Containerterminals im Mindener Industriehafen II - hat eine zentrale Funktion als Binnenhafen für die Region Ostwestfalen-Lippe und auch für das direkt angrenzende Bundesland Niedersachsen. An seiner Kaianlage können auch übergroße Motorschiffe (ÜGMS) mit einer Länge von bis zu 140 und einer Breite bis zu 15 Metern anlegen.
Diese ÜGMS können seit der Fertigstellung der neuen Weserschleuse im Jahr 2017 auch von der Weser aus den neuen Containerhafen erreichen.
Langfristig kann der neue Hafenstandort in Päpinghausen auch trimodal werden. Die Anbindung an die Schiene fehlt derzeit noch und solle dann umgesetzt werden, sobald der Industriehafen II „seine bahnseitige Kapazitätsgrenze absehbar erreichen wird“ , so die Stadt Minden. Die bisher fehlende Anbindung war in der Vergangenheit immer wieder auch Teil der Kritik.
Bis einschließlich Juni 2020 sei „ein Maximalpfad für den Containerumschlag beschritten“ worden, so die Stadtverwaltung. Die zur LIT-Gruppe gehörende Spedition Hölkemeier ist für den Containerterminal Regioport der derzeit wichtigste Anker, nachdem der Containerumschlag in den Mindener Häfen in den vergangenen Jahren deutlich zurück gegangen ist. 2019 wurde mit 74.000 TEU bereits die Zielmarke für 2025 erreicht, inzwischen sind es nur noch rund 52.000 TEU. TEU bedeutet übersetzt 20-Fuß-Äquivalent und gibt den Umschlag umgerechnet auf die kleinere Standard-Containergröße wider.
Die coronabedingten Umschlagsrückgänge sowie die Rückgänge aufgrund des Auftretens der afrikanischen Schweinepest in Deutschland wirken sich auch im Geschäftsjahr 2023 noch sehr deutlich aus, so der Geschäftsführer der Mindener Hafen GmbH, Joachim Schmidt im November gegenüber dem MT. Die Tierseuche hat den Export von gefrorenen Schweinehälften in Richtung Asien fast zum Erliegen gebracht. Minden ist ein wichtiges Drehkreuz für den Großschlachter Tönnies und hatte für die Zukunft in diesem Bereich auf mehr Umschlag gehofft - unter anderem mit dem Angebot gekühlter Lagerung. Etwa die Hälfte des Umsatzes erzielt das Unternehmen mit diesem Geschäftszweig.
In der Jahreshochrechnung für 2023, die Schmidt im Herbst der Mindener Politik vorlegte, bezifferte er die erwarteten Rückgänge im Umschlagsvolumen auf knapp 28 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ob und wann es gelinge, auf den ursprünglichen Wachstumspfad zurück zu kehren, ließe sich nur schwer vorhersagen. Nachgedacht wird beispielsweise über höhere Umschlagsentgelte. Eine Normalisierung werde frühestens ab dem Geschäftsjahr 2025 erwartet, sagte Schmidt.
„Auf die Zukunft ausgerichtet“
Für das Jahr 2030 wurde für den Hafenstandort Minden vom Unternehmen Planco Consulting ein Containeraufkommen von 121.00 TEU prognostiziert. Es wurde aufgrund der Auslastung des Industriehafens - der auf die Zukunft ausgerichtet sei - von jährlichen Wachstumsraten um die vier Prozent ausgegangen.
Unter der Annahme, dass der RegioPort als Hinterland-Hub der deutschen Seehäfen etabliert wird, ist laut der Mindener Hafen GmbH als Eigentümerin im Jahr 2030 sogar von einem Umschlag von rund 260.000 TEU auszugehen, teilt die Stadtverwaltung nun anlässlich des verabschiedeten Bebauungsplans mit.
Kritik unter anderem von den Grünen
Bei der Beratung im Bauausschuss - der dem Rat den Beschluss bei Gegenstimmen der Grünen empfahl - , kritisierte Grünen-Politiker Horst Idelberger, dass nicht ausreichend untersucht worden sei, wie sich der Verkehr entwickeln wird. Aus seiner Sicht sei ein Bahnanschluss in weiter Ferne und daher könne auch nicht mit Trimodalität - also Transport auf den drei Verehrswegen Straße, Wasser und Schiene - geworben werden. Zudem verschlinge und versiegele die Halle zu viel Fläche.
(c) Mindener Tageblatt Link
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